Ich habe heute einen Film gesehen. – Man würde wohl sagen, einen “alten”, da er aus den späten 90er Jahren stammte. – Ein Liebesfilm. Naja, eine romantische Liebeskomödie um präzise zu sein. Und beim Sehen ist mir etwas aufgefallen: Es war damals alles anders.
Auf den Tischen im Restaurant standen Aschenbecher. Die Menschen reisten frei durch die Welt, genossen ihre Urlaube und ja, auch ihre Dienstreisen. Man schien Träume zu haben. Von Familiengründung, Job, Karriere, Erfolg. Künstler wurden auch damals schon ob ihres Non-Konformismus belächelt. Aber man besuchte ihre Vernissagen. Ja, in Marrakesch. Auf einem Gemüsemarkt streichelte ein wildfremder “Standler” dem Baby einer Kundin, das diese im Arm hielt, über die Wange. Und Mutter und Kind lächelten.
Auch ich kann mich gut an diese Zeit erinnern. – Ich habe viel gearbeitet, viel gefeiert, habe ein bisschen von der Welt gesehen, war bei Saks in der 5th Avenue zum Pre-Christmas-Shopping, bei den Singing Waiters, um den Jet-Lag zu übertauchen, habe mehr als ein halbes Dutzend Mal im Marriott Marquis gewohnt und habe Gallons of Whiskey in der gleichnamigen Bar nebenan getrunken, der von Schauspielerinnen, Drehbuchautorinnen, Models in grauen Catsuits serviert wurde, die dort kellnerten, bis ihre Träume in Erfüllung gingen – oder auch nicht. In der Bar oder im Restaurant zu rauchen war ganz normal. Bei den Flügen von British Airways nicht mehr. – Dort stellte man gerade auf Nichtraucher-Flüge um, und in den Toiletten wurden Rauchmelder installiert, was ich selbst getestet habe. – Aber ich wurde nicht verhaftet, das Flugzeug landete nicht Not, nur die Stewardess (ja, die durfte man damals noch so nennen, heute scheint es eine Beleidigung, wenn man statt Flugbegleiterin Stewardess sagt) schimpfte mit mir halb böse schmunzelnd und wir trafen uns dann später, nach der Landung im Whiskey’s auf einen Drink.
Im Restaurant “The View” lernte ich einen (wie ich inzwischen weiß) überbewerteten und überteuerten Rotwein aus Kalifornien kennen. “Opus One”. – Er schmeckte uns und wir kauften einen 6er Karton direkt im Restaurant, weil er dort billiger war als bei uns in Österreich im Weinhandel. Die sechs Flaschen Wein reisten in der Folge in meinem Handgepäck. 6 x 0,75 Liter!!! Beim Zoll bei der Ausreise aus USA: Kein Stress wegen dem Wein. Beim Zoll bei der Einreise nach Österreich: Kein Stress wegen dem Wein. – Ein Schmunzeln bloß und ein “Prost, lassen Sie sich den Wein gut schmecken!”.
Natürlich war ich auch jedes Mal wenn ich in New York war im World Trade Center, um die Aussicht zu geniessen. – Einmal bekam ich sogar für die Fahrt mit dem Aufzug “50% Discount because of zero view on the rooftop”. Und ich dachte mir damals: No, die Amis haben ja doch Humor. – Ja, haben sie. Und die, die ich persönlich kennenlernen durfte hatten auch riesige Herzen, waren voll von Gastfreundschaft und Neugierde. (Wie alle Menschen auf der ganzen Welt, die ich besser kennenlernen durfte und deren Sitten, Gebräuche und Eigenheiten ich respektierte.)
F*ck! – Und dann 9/11/2001. – Jeder der das damals via Medien mitbekommen hatte weiß heute noch genau, was er getan hat und wo er war, als ihn die Meldung ereilte. – Und sind wir uns ehrlich: Seit dieser Zeit hat sich so ziemlich alles verändert. – Ganz und gar nicht zum Guten. – Und das beklemmt mich und es ärgert mich irgendwie, und dieser doofe Film heute Abend hat mir das so klar gemacht, dass es gerade in mir rumort und weh tut.
Ich vermisse die Zeit vor 9/11. – Nicht nur weil ich jung war und Träume hatte, sondern auch, weil diese Träume damals gute Chancen hatten Wirklichkeit zu werden. – Nicht nur meine. Auch die der Kellnerinnen – oh, sorry, nein – der Schauspielerinnen, Drehbuchautorinnen, Models in ihren Catsuits im Whiskey’s in New York, gleich rechts neben dem Marriott Marquis am Times Square.
Nun ist es schon mehr als zwei Dekaden her, dass ich das letzte Mal im Big Apple war. – Und mir fällt gerade auf: Ich liebe diese Stadt noch immer.